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Vorrang des EU-Rechts: EU-Kommission leitet Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen ein

Die europäische und polnische Flagge (Bild vergrößern)
Bild zur Meldung: Die europäische und polnische Flagge

Die Europäische Kommission hat bereits am 22. Dezember 2021 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen eingeleitet, da sie ernste Bedenken in Bezug auf das polnische Verfassungsgericht und seine jüngste Rechtsprechung hat. Das Verfassungsgericht hat in seinen Urteilen vom 14. Juli 2021 und 7. Oktober 2021 die Bestimmungen der EU-Verträge als unvereinbar mit der polnischen Verfassung angesehen und den Vorrang des EU-Rechts ausdrücklich in Frage gestellt. Nach Ansicht der Kommission verstoßen diese Entscheidungen des Verfassungsgerichts gegen die allgemeinen Grundsätze der Autonomie, des Vorrangs, der Wirksamkeit und der einheitlichen Anwendung des Unionsrechts sowie gegen die Bindungswirkung der Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union. Polen hat zwei Monate Zeit, um auf das Aufforderungsschreiben zu antworten.

 

Das polnische Verfassungsgericht verneinte in seinem Urteil vom Juli die Bindungswirkung etwaiger einstweiliger Anordnungen des Gerichtshofs nach Artikel 279 AEUV zur Gewährleistung einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle durch ein unabhängiges und unparteiisches, auf Gesetz beruhendes Gericht.

 

In seinem Urteil vom Oktober hat das Verfassungsgericht seine Verpflichtungen aus dem EU-Recht missachtet, indem es die Auslegung von Artikel 19 Absatz 1 EUV durch den Gerichtshof als verfassungswidrig - und damit als in der polnischen Rechtsordnung nicht wirksam - angesehen hat, wonach ein nationales Gericht aufgefordert werden kann, die Rechtmäßigkeit des Verfahrens zur Ernennung eines Richters zu überprüfen und sich zu etwaigen Unregelmäßigkeiten im Ernennungsverfahren zu äußern, um zu prüfen, ob dieser Richter oder das Gericht, an dem der Richter urteilt, die Anforderungen von Artikel 19 Absatz 1 EUV erfüllt.

 

Hintergrund

Die Rechtsstaatlichkeit ist einer der Grundwerte der Europäischen Union. Sie ist in Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union verankert. Sie ist auch für das Funktionieren der EU als Ganzes von wesentlicher Bedeutung, z. B. im Hinblick auf den Binnenmarkt, die Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres und um sicherzustellen, dass nationale Richter, die auch "EU-Richter" sind, ihre Rolle bei der Anwendung des EU-Rechts erfüllen und ordnungsgemäß mit dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zusammenarbeiten können. Die Europäische Kommission ist gemeinsam mit anderen Organen und den Mitgliedstaaten gemäß den Verträgen dafür zuständig, die Rechtsstaatlichkeit als Grundwert der Union zu gewährleisten und dafür zu sorgen, dass Rechtsvorschriften, Werte und Grundsätze der EU eingehalten werden.

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